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Beiträge zur Musik und mein Senf zu anderen Dingen

Jethro Tull veröffentlicht neues Album

Jethro Tull haben ihr 24. Album „Curious Ruminant“ am 7. März veröffentlicht. Ihr drittes Album innerhalb von drei Jahren, seit Ian Anderson die Band mit „The Zealot Gene“ von 2022 wiederbelebt hat.

Curious Ruminant“ könnte sich auf einen Wiederkäuer beziehen, aber in diesem Fall bezieht es sich auf Menschen, die über etwas nachdenken“, sagt Anderson. „Und es ist neugierig‘ im Sinne von forschend, weil man etwas herausfinden und darüber nachdenken will, und nicht neugierig im Sinne von ’seltsam‘.

Anderson begann mit dem Schreiben des Albums kurz nachdem er die Arbeit an „RökFlöte“ von 2023 beendet hatte. War das Album noch von der nordischen Mythologie inspiriert, verzichtet der Nachfolger auf ein übergreifendes Konzept oder Thema.

Wenn es eine übergeordnete Überlegung gibt, dann war es ein bisschen persönlicher zu sein, ein bisschen mehr Herz auf dem rechten Fleck, anstatt eines objektiven und malerischen Stils“, sagt Anderson.

Musikalisch erinnert das Album mit seinen neun Titeln nur ein wenig an Jethro Tull aus der Mitte der 70er Jahre, mit Ausnahme des über 16 Minuten langen „Drink From The Same Well“ – der längste Song den sie seit dem 1975er Album „Minstrel In The Gallery“ aufgenommen haben.

Er wurde ursprünglich vor einigen Jahren als ein Duett mit dem indischen Flötisten Hariprasad Chaurasia geschrieben. Anderson hat Teile des Liedes neu aufgenommen und den Text weiterentwickelt.

Es geht um die Tatsache, dass wir alle im selben Boot sitzen – wir atmen alle die gleiche Luft, wir ernten alle das gleiche potenzielle Verhängnis des Klimawandels, wir sollten besser aufpassen, dass wir alle aus dem Boot aussteigen und über die Bordwand pinkeln und nicht hinein.

An anderer Stelle befasst sich „Over Jerusalem“ mit dem aktuellen Zustand des Nahen Ostens aus einer anderen Perspektive.

Es zieht eine Parallele zwischen einem Vogel, der über die Stadt schaut, mit all ihrer Geschichte, ihren Schwächen und Positivem und Negativem, und vergleicht sie mit einer militärischen Drohne“, sagt Anderson, der in Israel in den 1980er Jahren gespielt hat und die Gewinne aus Auftritten in dem Land an NGOs gespendet hat, die sich für Menschenrechte, Bildung und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen sozialen und religiösen Gruppierungen engagieren. „Ich habe definitiv versucht, es nicht zu einem politischen Lied zu machen – es ist eher ein Gefühl von leicht verzweifelter Zuneigung.“

Einer der bewegendsten Songs des Albums ist „Interim Sleep“, dessen Spoken-Word-Text auf einem Gedicht basiert, das für einen imaginären Freund geschrieben wurde, der gerade einen Todesfall erlitten hat.

Es ist ein sehr intimes und nachdenkliches Stück, das auf der Idee basiert, was passiert, wenn man stirbt“, sagt Anderson. „Ich spiele eher mit dem Begriff des Glaubens, als dass ich ihn fest im Blick hätte, aber die Idee, dass es einen fortbestehenden Geist und eine Beziehung nach dem Tod gibt, ist die Grundlage mehrerer Religionen und ist ein Trost für verschiedene Menschen verschiedener Glaubensrichtungen.“

Curious Ruminant“ ist eine Fortführung der Karriere des 77-jährigen Anderson mit einer Mischung aus Kreativität und Dynamik – fast wie gewohnt.

Wenn man älter wird, spürt man definitiv, dass dies nicht für immer ist“, sagt er. „Man wird sich zunehmend bewusst, dass es wahrscheinlich eine gute Idee ist weiterzumachen und die Dinge zu tun, die man tun möchte, ob das nun Reisen oder das Aufnehmen eines neuen Songs ist. Und sobald man den Bissen zwischen den Zähnen hat und sagt: ‚Ich schreibe einen neuen Song‘, kommt der Schneeball ins Rollen.

Anderson sagt, dass er plant, „Curious Ruminant“ zu spielen, wenn Jethro Tull auf Tournee gehen.

Wir werden sicherlich ein paar Songs vom neuen Album spielen, und wir werden weiterhin jeweils einen Song von den letzten zwei Alben spielen“, sagt er. „Aber die Setlist wird ein paar mehr frühe Jethro-Tull-Songs enthalten, die ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr gespielt habe.

Das wird sicherlich vielen der alten Tull-Fans gefallen.

Quellen: PROG, Issue 157, 04.02.2025 | jethrotull.com

Colosseum – Legenden auf Tour

Seit mehr als 50 Jahren existiert Colosseum. Eine wechselhafte Bandgeschichte, in der sich die Band mehrmals auflöste, genauso oft gelang aber auch ihre Wiedervereinigung.

Colosseum spielt am 24.04.2025 um 20:00 Uhr in der MUSA, Göttingen

Colosseum, waren eine der ersten Bands, die Jazz, Rock und Blues miteinander verbanden. Sie wurde Anfang 1968 von Schlagzeuger Jon Hiseman und Tenorsaxophonist Dick Heckstall-Smith gegründet. Ihr erstes Album Those Who Are About to Die Salute You, das mit der Graham Bond-Komposition „Walkin‘ in the Park“ eröffnet wurde, erschien Anfang 1969. Im März desselben Jahres wurden sie eingeladen, an der Supershow teilzunehmen, einer zweitägigen, gefilmten Jam-Session, zusammen mit dem Modern Jazz Quartet, Led Zeppelin, Jack Bruce, Roland Kirk Quartet, Eric Clapton, Stephen Stills und Juicy Lucy.

Das zweite Album von Colosseum, das 1969 erschien, war Valentyne Suite, die erste Veröffentlichung auf Philips neuem Label Vertigo, das gegründet wurde, um Künstler unter Vertrag zu nehmen und zu fördern, die nicht zur Hauptmarke von Philips passten.

Für das dritte Album, The Grass Is Greener, das 1970 nur in den USA veröffentlicht wurde, ersetzte Dave „Clem“ Clempson den Sänger und Gitarristen James Litherland. Louis Cennamo ersetzte kurzzeitig Tony Reeves am Bass, wurde aber innerhalb eines Monats wiederum durch Mark Clarke ersetzt. Dann rekrutierte Hiseman den Sänger Chris Farlowe, damit Clempson sich auf die Gitarre konzentrieren konnte. Diese Besetzung hatte bereits einen Teil des Albums Daughter of Time von 1970 aufgenommen.

Im März 1971 nahm die Band Konzerte im Big Apple Club in Brighton und an der Universität Manchester auf. Hiseman war von der Atmosphäre bei der Show in Manchester beeindruckt, und die Band kehrte fünf Tage später für ein Gratiskonzert zurück, das ebenfalls aufgezeichnet wurde. Die Aufnahmen wurden 1971 als Doppelalbum Colosseum Live veröffentlicht. Im Oktober 1971 löste sich die ursprüngliche Band auf.

Je mehr Zeit verging, desto unwahrscheinlicher schien es, dass sie jemals wieder zusammenarbeiten würden. Anfang 1975 gründete Hiseman Colosseum II mit Gary Moore, im Mai stieß Don Airey dazu. Moore an der Gitarre brachte einen stärkeren Rock-Einfluss ein. 1977 nahmen sie verstärkt durch weitere Musiker Variations für Andrew Lloyd Webber auf. Nach drei Jahren mit drei fast ausschließlich instrumentalen Alben zerbrach die Band, auch am geringen kommerziellen Erfolg. Gary Moore ging zurück zu Thin Lizzy, Don Airey zu Rainbow.

Das große Interesse an den neu gemasterten CD-Veröffentlichungen ihrer Originalalben trug dazu bei, Jon Hiseman davon zu überzeugen, die Wiedervereinigung von Colosseum voranzutreiben. 1994 holte er die Gruppe wieder zusammen – in der Original-Besetzung von 1971. Colosseum absolvierte eine erfolgreiche Reunion-Tour, bei der das Album Colosseum LiveS und eine Aufzeichnung für den WDRRockpalast entstanden. Die Aufnahmen zeigten, dass sie nichts von ihrer Energie verloren hatten.

Mehr als 30 Jahre nach ihrer Gründung waren Jon Hiseman, Chris Farlowe, Clem Clempson, Dave Greenslade und Mark Clarke immer noch aktiv. Tragischerweise erlag der Saxophonist Dick Heckstall-Smith Ende 2004 einem 18 Monate andauernden Kampf mit seiner Krankheit und starb. Jon’s langjährige Ehefrau und international renommierte Saxophonistin Barbara Thompson sprang für ihn ein und wurde ein festes Mitglied.

Die Auflösung der Band im Jahr 1971 bedeutete, dass ihre letzte Veröffentlichung ein Live-Album war, das als eines ihrer besten Werke angesehen wurde – und es ist vielleicht passend, dass sie die Rückkehr von Colosseum mit einer weiteren Live-Aufnahme einleiteten.

Nach dem Tod von Jon Hiseman 2018 haben sich Colosseum erneut wiedervereinigt. Das Line-up besteht aus Chris Farlowe, Clem Clempson und Mark Clarke, ergänzt durch Kim Nishikawara (Saxophon), Nick Steed (Tasten, Orgel) und Malcolm Mortimore (Schlagzeug). Diese Besetzung begann ihre Tourneen durch Deutschland, Österreich und Ungarn. Im April 2022 veröffentlichten sie ihr neues Studioalbum, Restoration mit anschließenden Festival-Terminen in Italien, Deutschland und Finnland. In diesem Jahr verstarb leider auch Barbara Thompson. 2023 spielte die Band auf Sommerfestivals in Deutschland und startete eine Europatournee im Herbst. Und sie touren bis heute.

Unter dem Motto “Out Into The Fields“, präsentieren die Originals Chris Farlowe, Clem Clempson & Mark Clarke neben Colosseum Klassikern wie “Lost Angeles“ oder der “Valentyne Suite“ auch Songs ihres aktuellen Studioalbums “Restoration“ sowie des brandneuen Albums „XI“ (release 21. März/Repertoire Records).

Buchtipp: Zukunft der Arbeit – Perspektive Mensch

Dieses Fachbuch beschreibt Chancen und Risiken für Mitarbeitende und Führungskräfte in einer modernen Arbeitswelt. Übergeordnete Entwicklungen wie der demografische Wandel, die zunehmende Digitalisierung und Globalisierung sowie der damit einhergehende Wertewandel verändern die Organisationsumwelten und damit auch das Verständnis von Arbeit.

Die Beitragsautoren richten ihr Augenmerk auf den Menschen und diskutieren, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf die Arbeit des Einzelnen haben, wie zufrieden Mitarbeitende aktuell mit ihren Arbeitsinhalten und -umgebungen sind und wie sie künftig arbeiten wollen. Weiterhin untersuchen sie, welche Rahmenbedingungen, Strukturen, Büroformen und Modelle Organisationen künftig entwickeln müssen, um den Arbeitsplatz der Zukunft produktiv, motivierend und gesund zu gestalten. Die künftigen Kompetenzanforderungen an die Mitarbeitenden werden betrachtet und die Führungsrolle in der New Work wird analysiert. Die Einteilung der Beiträge in drei unterschiedliche Rubriken – wissenschaftliche Beiträge, Praxisberichte und persönliche Standpunkte – ermöglicht einen vielfältigen Lesezugang zum Thema.

Für die 2. Auflage wurden die Beiträge aktualisiert und ergänzt.

Inhalt

  • Die Reise nach New Work
  • Wie wir künftig arbeiten wollen
  • New Work – New Leadership?
  • Das Büro der Zukunft – gibt es das noch?

Herausgeber
Prof. Dr. Sebastian Wörwag ist Rektor der FHS St.Gallen Hochschule für Angewandte Wissenschaften. In seiner Forschungsarbeit beschäftigt er sich mit Veränderungen der Arbeitswelt.

Prof. Dr. Alexandra Cloots ist Co-Leiterin des HR-Panels New Work der FHS St.Gallen Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Ihr Fachgebiet ist die innovative Gestaltung von Organisationen und Führung im Zeitalter von New & Smart Work.

Mit 80 immer noch top – Mitch Ryder in Lindewerra

Eine Legende gastierte in Lindewerra – Mitch Ryder. Und wie es das Tourneeprogramm so wollte, feierte er gestern seinen 80. Geburtstag im proppenvollen Gemeindesaal. Dies würde er, wie er später anmerkt, immer auf Frühjahrstournee in Deutschland machen.

Es war nicht zu übersehen, dass der Zahn der Zeit auch an ihm nagt und so konnte man froh sein, ihn nochmal (vielleicht das letzte Mal?) live zu erleben. Von seinen Musiker*innen auf die Bühne begleitet, nahm er vor Ipad und Mikro auf einem Stuhl Platz. Die Band intonierte „Happy birthday“, das Publikum sang und es gab einige Wunderkerzen dazu.

Danach bedankte sich Mitch und begrüßte das Publikum mit leiser aber klarer Stimme „my name is Mitch Ryder and I’m from Detroit“. Er kündigte fünf Songs aus dem neuen Album „With Love“ und „seven or eight songs from my career in Deutschland“ an – und dann ging es gleich los mit der neuen Single „Lilly May“. Danach folgte ein alter Klassiker, „Ain’t Nobody White (Can Sing The Blues)“ aus seinem 1980er Album „Naked But Not Dead“, aus dem er später noch den Song „War“ zum Besten gab.

Aint nobody white can sing the blues
No white man ever suffered
He never lived in pain

It′s all been fish eggs and champagne
It’s killing me
Ray Charles said no white can sing the blues

Ray Charles said no white except
Maybe jews

Hey Elvis Costello i think i might agree
The man must be too blind to see
It′s killing me
Funky world keeps spinning round

It’s weirder everyday

If you dance you surely have to pay
Some folks got and some have not

Theres no fixed set of rules
In the rush don’t step on any fools
It′s killing me
Aint nobody white can sing the blues

He is white and he can definitely sing the blues! Trotz seiner 80 Jahre ist sein Gesang kräftig und fast so wie man ihn von früher kennt. Seine neue Band ist bestens eingespielt und fetzt in manchen Songs mächtig, allen voran die beiden Gitarrist*innen Laura Chavez und Sean Athens. Etwas in den Hintergrund tritt die Rhythmusabteilung mit Tom Germann (bass), Dennis Palatin (drums) und Lea Worms (key), die aber einen sehr soliden Background liefern.

In die einzelnen Songs wird jeweils von Mitch eingeführt. Leider sind seine Worte oft nicht zu verstehen, da es manche Leute vorziehen, lieber laut zu quatschen statt zuzuhören – eine Unsitte, die sich scheinbar immer mehr verbreitet. Wenn ihr labern wollt – dann trefft Euch in einer Kneipe oder sonstwo, aber lasst uns die Musik hören und respektiert die Musiker*innen!

Höhepunkte waren für mich der Song „Wrong Hands“ aus seinem neuen Album, in dem es um die Waffengesetze in den USA geht, sowie die fast 15minütige Version des Doors-Klassikers „Soul Kitchen“. Das Konzert beendet Mitch mit „The Artist“, bei dem er lediglich von Lea Worms an den Keyboards begleitet wird. Danach kehrt der Rest der Band auf die Bühne zurück und es wird zu seinem Hit „Devil With a Blue Dress On“ und „Good Golly Miss Molly“ nochmal richtig abgehottet. Damit ist der Abend zu Ende.

Den ein oder anderen Klassiker wie „Heart Of Stone“ oder „Red Scar Eyes“ hätte ich mir schon noch gewünscht. Doch unabhängig davon bleibt festzuhalten, es war ein gutes Konzert mit einer interessanten Mischung aus neuen und alten Titeln, und es zeigte mir, dass Mitch immer noch eine sehr kraftvolle Stimme hat und die Songs sehr lebendig rüber bringt – auch dank seiner hervorragenden Band.

Mitch Ryder wird 80

Am 26. Februar 2025 wird Mitch Ryder 80 Jahre alt. Mehr als 30 Alben sind die Bilanz seines über 50-jährigen musikalischen Schaffens. Der Rockmusiker und Sänger Mitch Ryder, der eigentlich William S. Levise heißt, ist zu einer Legende geworden. Mit seiner Band „Mitch Ryder & The Detroit Wheels“ hatte er 1965 mit „Jenny Take A Ride!“ den ersten Hit. Kurze Zeit später versuchte er es als Solo-Künstler, jedoch ohne Erfolg. Enttäuscht wandte Ryder sich zunächst von der Musik ab.

Bekannt wurde er in Europa durch seinen legendären Auftritt in der WDR-Rockpalast-Nacht im Oktober 1979, in der auch ich ihn zum ersten Mal erlebt habe. Für Mitch Ryder war es der Beginn seiner Beziehung zu Deutschland, die seitdem nicht abgerissen ist. „Diese Nacht war für mich eine Chance“, sagt er heute, „wie man sie vielleicht nur einmal im Leben hat.“ In den USA wollen seine Fans vor allem die Uralt-Hits aus den Sechzigern hören. „In Europa mache ich völlig andere Musik“, sagt Ryder. „Hier erlaubt man mir, Künstler zu sein. Deshalb liebe ich Europa.

So lag es nahe, mit europäischen Musikern zusammen zu arbeiten. Und das waren Musiker der Ost-Berliner Band Engerling. 1994 gingen sie zum ersten Mal gemeinsam auf Tour, der noch viele weitere folgten. Sie waren ein eingespieltes, beinahe unzertrennlich wirkendes Team. Umso überraschender kam 2024 die Nachricht, dass sich Mitch Ryder von Engerling trennt und mit einer neuen Begleitband in Europa touren werde. Damit ist eine Ära zu Ende gegangen.

Mitch Ryder, With Love (2025)

Im Januar 2024 veröffentlichte er das Live-Album „The Roof Is On Fire“ (erschienen bei Ruf Records), welches 2019/2020 auf Tour eingespielt wurde. „Das ist vielleicht mein wichtigstes und ganz sicher eines der besten Alben, die ich je gemacht habe“, sagt Mitch Ryder über dieses Album. Sein neues Studioalbum „With Love“ wurde im August 2024 in Detroit aufgenommen und von Don Was produziert und ist vor kurzem bei Ruf Records erschienen.

Interessantes von Ian Anderson (Jethro Tull)

Dem Magazin CLASSIC ROCK hat Jethro Tull Chef Ian Anderson einige interessante Dinge bezüglich seiner musikalischen Vorlieben erzählt.

2022 erklärte er in einem ntv-Interview:

Ich höre schon seit den 1970ern keine Musik mehr. Davor – bis ich etwa Mitte 20 war – hatte ich schon so viele musikalische Erfahrungen und Einflüsse gesammelt, dass ich daraus schöpfen konnte – von Blues und Jazz über Rock und Pop bis hin zu Folk und Klassik. Vieles davon war so inspirierend, dass ich nichts Neues mehr brauche. Ich schnappe immer mal wieder neue Sounds auf, das hört man, das kann ich nicht abstreiten. Aber wirklich etwas Großes ist nicht dazugekommen, denn im Grunde ist alles Neue nur eine Reminiszenz an die Dinge, die ich schon damals gehört habe.
Quelle: ntv

Wenn er auf seine Vorbilder zu sprechen kommt, bewahrheitet sich das. Es finden sich keine jüngeren Musiker*innen darunter. „Die Musiker, die ich damals gehört habe, waren schon in ihren 50ern, 60ern oder sogar älter.“

So wundert es nicht, dass sein Gitarrenheld Fleetwood Mac’s Peter Green ist. „Er konnte eine Gitarre wie eine menschliche Stimme singen lassen. Er hatte diesen wunderbaren Klang und die volle Kontrolle über das Instrument. Er konnte viele Noten spielen, wenn die Musik danach verlangte, aber davon abgesehen verführte er einen mit Klasse statt Masse.“

Als Lieblings-Songwriter nennt er den Briten Roy Harper, dessen Album „Come out Fighting Ghengis Smith“ von 1968 einen Nerv bei ihm getroffen habe, weil er ein breites Spektrum abdeckte, von politischen und sozialen
Themen bis zu schlichten, bekifften Liebesliedern.

Interessant ist die Nennung seines Lieblingssängers, ein Name, den ich nie erwartet hätte: Lou Gramm (bis 2003 Leadsänger von Foreigner). Ihm bescheinigt er, „unglaubliche Präzision und Diktion – man kann jedes Wort hören, das er singt, anders als bei den meisten Sängern davor und seither. Die dekorativen Elemente seiner Darbietung waren nie übertrieben – er sang hauptsächlich im Takt, im Ton und mit großer Emotion.

Aufschlussreich ist auch seine Wahl des besten Albums aller Zeiten. Da er stets auch ein Faible für Klassik hat, was sich letztlich in verschiedenen Alben (wie „The String Quartets“ oder „Ian Anderson Plays The Orchestral Jethro Tull„) niederschlägt, wundert es nicht, dass die Aufnahme von Beethovens Neunter der Deutschen Grammophon, dirigiert von Herbert von Karajan aus dem Jahr 1962 seine Lieblingsplatte ist, die ihn sein ganzes Leben lang begleitet hat.

Für Tull-Fans auch nicht uninteressant, ist der schlechteste Song, den er seiner Meinung nach je geschrieben hat und den er als „totaler Schrott“ tituliert:

Der Song ›Singing All Day‹ ist Müll. Ein belangloses Stück, das wir sofort in die Tonne traten, bis wir verzweifelt Material für eine Compilation brauchten, zu der wir vertraglich von Warner Brothers verpflichtet worden waren. Es kam aus der untersten Schublade.

Quelle/Zitate: Classic Rock

Anderson’s größte Enttäuschung?

Das Traurige an der Sterblichkeit ist, dass niemand je weiß, wann das Ende kommt. Es gibt keine klare Frist für all die Abschiede und letzten Worte, und so kann die Chance leicht ungenutzt verstreichen. Ian Anderson kennt dieses verheerende Gefühl aus erster Hand.

Auf den ersten Blick scheint es eine seltsame Bitte zu sein, dass Frank Zappa auf seinem Sterbebett mit Anderson sprechen wollte. Zappa hatte Einfluss auf die Karrieren und das Leben so vieler Menschen. Als sich sein Prostatakrebs verschlimmerte und das Ende nahte, hatte er eine Bitte: „Als Frank Zappa unheilbar krank war, erhielt ich eine Nachricht, in der stand, dass er möchte, dass ich ihn anrufe“, erinnert sich Anderson und fügt hinzu: „Ich hatte ihn nie getroffen. Ich war ein Fan, aber mein Instinkt sagte mir, dass er Jethro Tull nicht mochte, also war es ein bisschen seltsam.

Im Laufe ihres Lebens und ihrer Karriere trafen sich die beiden nie und sprachen nie miteinander. Dann, 1993, kam die Anfrage von Zappa’s Sterbebett aus. Aber bei all der Geschichte und der völligen Ungewissheit, was Zappa sagen wollte oder wie er es hinterlassen würde, konnte Anderson nicht in der Leitung bleiben. „Ich wählte die Nummer dreimal, aber jedes Mal legte ich in Panik auf; es war mir peinlich – was sagt man zu einem Sterbenden? […] Ein paar Wochen später starb er“, so Anderson und beschrieb dies als eines seiner größten Bedauernisse in seiner Karriere.

Am Ende schien es, als ob Zappa seine letzten Tage einfach nur für eine Verbindung und Versöhnung nutzen wollte: „Von dem, was ich gehört habe, wollte er mit ein paar Leuten reden, nur um Hallo zu sagen, und ich war einer von ihnen. Es hätte nichts verändert, aber ich hätte meine erste und letzte Unterhaltung mit einem der großen Originale unter den Komponisten und Performern der Rockgeschichte gehabt.“ [Quelle]

Für seine Beerdigung wünscht sich Anderson übrigens „What A Wonderful World“ von Louis Armstrong.

Das ist seit mehreren Jahrzehnten der Abschluss unserer Konzerte. Das scheint mir immer ein passender Weg zu sein, sich von einem Publikum zu verabschieden, also wäre es aufgrund dessen für mich von großer persönlicher Bedeutung. Es ist ein Song über Dankbarkeit für diese wunderschöne Welt, in der wir leben.

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