Beiträge zur Musik und mein Senf zu anderen Dingen

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Wolfgang Schlüter – ein Meister des Vibrafons ist gestorben

Foto: Steven Haberland

Am 12. November (seinem Geburtstag) ist einer der begnadetsten internationalen Vibrafonisten von uns gegangen: Wolfgang Schlüter starb an den Folgen eines Schlaganfalls.

Der gebürtige Berliner, der durch Lionel Hampton und Milt Jackson inspiriert wurde, war u.a. Mitglied des Michael-Naura-Quintetts und gehörte mehr als 30 Jahre der NDR Bigband an. Seit 1985 war er Professor an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg.

Obwohl er seit einem Augeninfarkt 2004 fast blind war, hat er seine Virtuosität auf seinem Instrument nicht eingebüsst und gab mit seinem Quartett weiterhin Konzerte. Wolfgang Schlüter war ein leidenschaftlicher Jazzmusiker: „Jazz muss impulsiv und intuitiv sein“, hat er einmal gesagt. „Man darf vorher nicht im Kopf ausrechnen, was man spielen will. Das wird kalter Kaffee. Dann wird der Jazz kalt und unnahbar.

Für mich bleiben seine Auftritte mit Michael Naura und Peter Rühmkorff, ihre Verbindung von Lyrik und Jazz, unvergesslich.

Wolfgang Naura

Jazz war früher nicht meine bevorzugte Lieblingsmusik. Aber hin und wieder begegnete mir damals als leidenschaftlicher NDR-Radiohörer der Name Michael Naura als Leiter der Jazz-Redaktion. Die Musik sprach mich nicht an, aber Naura hatte eine sehr angenehme Stimme und die Art seiner „Plauderei“ gefiel mir.

In späteren Jahren, als der Jazz längst mein Herz und Interesse erobert hatte, habe ich mir in Berlin alles angehört was Rang und Namen im Jazz hatte. Dazu gehörte auch eine interessante Kombination von Musik und Lesung, ein Zusammenspiel aus Texten des 2008 verstorbenen Lyrikers Peter Rühmkorff und der Musik von Michael Naura (Piano) und Wolfgang Schlüter (Vibraphon).

Diese Mischung hatte mich damals ziemlich fasziniert und so wurde meine Jazzsammlung mit „Vanessa“ , „Country Children“ und „Kein Apolloprogramm für Lyrik“  erweitert. Michael Naura liebte nicht nur den Jazz:

Naura liebte Auseinandersetzungen. So handelte er sich beim NDR eine Abmahnung ein, weil er die auf Hörerquoten fixierte Programmpolitik seines Arbeitgebers im „Hamburger Abendblatt“ brandmarkte. Einem Kritiker, der eine von Naura geschätzte Band verriss, schickte er per Post einen Schweinefuß: „Das ist die Hand, die den Artikel geschrieben hat.“ Eine Vernissage des malenden Hitler-Tagebuch-Fälschers Konrad Kujau stürmte er mit dem Ruf „Nazis raus“ und warf Hundekot in die Gulaschsuppe für die Gäste. Nauras Buch „Jazz – Toccata“ hat den Untertitel „Ansichten und Attacken“. Aber er „sorgte dafür, dass der Jazz in Deutschland Gehör fand“ („FAZ“).

Die Kehrseite des rauhbeinigen Nauras war hohe Sensibilität. So liebte er Tschechow – und Peter Rühmkorf, den „Dichter, der wie ein Morgenschiff in mein Leben rauschte“. Keinen Menschen hat der Musiker mehr verehrt als den 2008 gestorbenen Lyriker. (Hans Hielscher, Zum Tod von Michael Naura)

Michael Naura starb am 13. Februar 2017 im Alter von 82 Jahren.

Ausschnitt aus einem Konzert in der Kongresshalle, Frankfurt am Main, September 27, 1974

Al Jarreau – ein begnadeter Musiker ist zum Regenbogen hinauf gegangen

Jazz war 1977 nicht die Musik, mit der ich etwas anfangen konnte. Doch dann brachte ein Freund das Live-Doppelalbum „Look To The Rainbow“ mit. „Hör dir mal diese Stimme an. Wahnsinn!“ Reinhard äußerte sich enthusiastisch über Musikalität und Ausdrucksstärke von Al Jarreau. Neugierig wie ich war, ließ ich die Plattenspieler-Nadel auf „Take Five“ sinken, das erste Stück auf der letzten Seite, das einzige Lied auf der Platte, das mir als instrumentaler Jazzstandard durch Dave Brubeck bekannt war.

„Wahnsinn!“ dachte ich auch etwas später, nachdem ich mir das ganze Album angehört hatte. Diese Stimme, die schien, als könne sie fast jedes Instrument nachahmen, war für mich eine Sensation. Ich war total fasziniert und von nun an ein Fan von Al Jarreau. „Tis a rhyme for your lips and a song for your heart, to sing“ (Titelsong „Look To The Rainbow“).

Im Laufe seiner Karriere hat er eine Menge probiert, hat sich dabei auch manchmal auf ziemlich dünnes musikalisches Eis mit Popversuchen begeben, hat aber immer wieder die Kurve gekriegt und viele gute Alben herausgebracht.

Dazu gehören für mich (neben seinen ersten Alben) vor allem „Jarreau“ (1983), „Tenderness“ (1994) und „Accentuate The Positive“ (2004).

Nun ist my old friend nicht mehr unter uns, aber eine Menge seiner Lieder bleiben. Al Jarreau starb mit 76 Jahren am 12. Februar 2017.

As I walk down, streets full of amber leaves
I see nothing’s really changed at all
We’re just older now
Still together, still together
After all these years

And from the beginning you’ve been
Always there my old friend
True until the end of time

 aus: „My Old Friend“ von der LP „Breakin‘ Away“ (1981)

 

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