Poly Styrene alias Marianne Joan Elliott-Said, 2010

Poly Styrene, mit bürgerlichem Namen Marianne Joan Elliott-Said, war eine britische Punk-Ikone, deren unverwechselbare Stimme und rebellische Haltung sie zu einer der spannendsten Figuren der Punk-Ära der späten 1970er Jahre machten. Geboren am 3. Juli 1957 in Bromley, London, als Tochter einer Schottin und eines somalischen Vaters, wuchs sie in einem Großbritannien auf, das von sozialer Spannung, Rassismus und patriarchalen Strukturen geprägt war – Themen, gegen die sie sich lautstark wehrte.

Die Stimme von X-Ray Spex
1976 gründete sie die Band X-Ray Spex, die mit nur einem Album (Germfree Adolescents, 1978) Punkgeschichte schrieb. Ihre Musik war laut, schrill, wild – aber auch reflektiert und politisch. Poly Styrene sang über Konsumwahn, Geschlechterrollen, Identität und Entfremdung in einer industrialisierten Welt. Besonders auffällig: Ihr Look – Zahnspange, grelle Farben, selbstgemachte Kleidung – war ein bewusster Bruch mit dem Glamourbild weiblicher Popstars. Ihre mädchenhafte Bühnenpräsenz stand im Kontrast zu ihrer ungezügelten Gesangsstimme.

Kult-Song: „Oh Bondage! Up Yours!“ – eine explosive Anti-Konsum-Hymne, deren berühmter Schrei „Bind me, tie me, chain me to the wall!“ ironisch mit einem krachenden „NO!“ beantwortet wird.

Außenseiterin unter Außenseitern
Poly Styrene war nicht nur eine der ersten Women of Color in der britischen Punk-Szene, sondern auch eine, die offen mit psychischen Herausforderungen umging. Nach einer Fehldiagnose (Schizophrenie, später revidiert zu bipolarer Störung) zog sie sich zeitweise zurück und wandte sich spirituellen Fragen zu. In den 80ern schloss sie sich der Hare-Krishna-Bewegung an, kehrte aber später mit Soloarbeiten zur Musik zurück.

Spätes Comeback & Vermächtnis
2011 veröffentlichte sie kurz vor ihrem Tod das Album “Generation Indigo”, das elektronische Sounds mit Punk-Attitüde verband – modern, scharf, und gesellschaftskritisch wie eh und je.

Sie starb am 25. April 2011 an Brustkrebs, doch ihre Botschaft und Musik leben weiter.

Hörtipps & Audioquellen
Hier könnt Ihr ihre Stimme selbst entdecken:

  1. Oh Bondage! Up Yours! – X-Ray Spex (YouTube)
  2. Germfree Adolescents – (YouTube)
  3. Identity – Live (YouTube)
  4. Generation Indigo (YouTube)
  5. BBC Doku: Poly Styrene – I Am A Cliché (2021) – emotionales Porträt von ihrer Tochter Celeste Bell (auch auf DVD/VOD).

Hier ist eine Playlist mit den wichtigsten und spannendsten Songs von Poly Styrene, sowohl aus ihrer Zeit mit X-Ray Spex als auch aus ihrer Solo-Karriere. Die Tracks zeigen ihre musikalische Vielfalt, ihr politisches Bewusstsein und ihren unverwechselbaren Stil.

Playlist: “The Voice of Vision – Poly Styrene Essentials”
Mit X-Ray Spex (1976–1979)

  1. Oh Bondage! Up Yours! – Die ikonische Anti-Konsum-Hymne, roh und rebellisch.
  2. Identity – Ein Song über Selbstwahrnehmung und gesellschaftlichen Druck.
  3. Germfree Adolescents – Titeltrack des Albums, Kritik an Reinlichkeitswahn und Oberflächlichkeit.
  4. The Day the World Turned Day-Glo – Surrealistische Umweltkritik mit Neonvibes.
  5. Art-I-Ficial – Ein Song über Entfremdung in einer technisierten Gesellschaft.
  6. I Am a Poseur – Ironische Abrechnung mit Oberflächlichkeit im Punk.
  7. Warrior in Woolworths – Poetisch, urban, kämpferisch – die Heldin des Alltags.
  8. Plastic Bag – Früher Protest gegen Umweltverschmutzung und Wegwerfgesellschaft.

Solo & Comeback (1980–2011)

  1. Translucence (1980) – “Dreaming” – Sanfter, introspektiver Song aus ihrem ersten Soloalbum.
  2. Generation Indigo (2011) – “Virtual Boyfriend” – Pop-modern, mit Kritik an digitalen Ersatzbeziehungen.
  3. “Ghoulish” – Gesellschaftskritik mit düsterem Beat und klarem Statement.
  4. “Colour Blind” – Ein sehr persönlicher Song über Identität, Ethnie und Hoffnung.
  5. “Thrash City” – Rückbesinnung auf punkige Wurzeln mit elektronischem Antrieb.

Extra-Tipp:
Wer mehr von ihr hören will, dem sei das Album „Germfree Adolescents“ (1978) empfohlen – ein Meilenstein des Punk mit Tiefgang.

YouTube: Poly Styrene - Translucence (1981)