
Ali Hazelwood hat eine nüchterne und zugleich witzige Art zu schreiben. Mit Frauenpower, etwas Humor und Wissenschaftlichkeit schreibt sie aus der Sicht der Protagonistin Bee, die es immer wieder schafft, sich Dinge einzureden, sie schlecht- oder auch zu zerreden. Ihre „Heldin“ ist Marie Curie, auf die immer wieder Bezug genommen wird.
Neben Bee ist es vor allem ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Rocio, die leicht makaber, aber umso cooler und auf ihre Art sehr erfrischend für die Geschichte ist. Auch der wissenschaftliche Bezug macht den Roman interessant, geht es unter anderem auch um Themen wie Frauen in MINT Fächern oder problematische Testverfahren, die zu absolvieren sind und die für viele nicht zugänglich sind, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen.
Alles in allem, macht es Spaß, das Buch zu lesen, es gibt humorvolle Dialoge und Begebenheiten, die einen immer wieder mal schmunzeln lassen.
»Übrigens kann man von Gürteltieren Lepra kriegen.« Ich reiße mich vom Flugzeugfenster los und werfe Rocío, meiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin, einen skeptischen Blick zu. »Wirklich?« […]
»Würde ich dich je anlügen?« »Letzte Woche hast du mir erzählt, Stephen King würde ein Spin-off von Pu der Bär schreiben.« Und ich habe ihr geglaubt. Ebenso wie ich ihr auch geglaubt habe, dass Lady Gaga eine bekannte Satanistin ist oder dass Badmintonschläger aus menschlichen Knochen und Gedärmen hergestellt werden. Düstere Gothic-Misanthropie und grusliger, todernster Sarkasmus sind ihre Markenzeichen, und ich sollte inzwischen gelernt haben, ihre Behauptungen nicht ernst zu nehmen. […]
»Streichle ruhig die leprakranken Gürteltiere und stirb.« Sie hat so einen Knall. Ich liebe sie. […] Ich verkneife mir ein Lächeln und wende mich wieder zum Fenster. 1905 beschloss Dr. Curie, mithilfe ihres Nobelpreisgelds ihre erste wissenschaftliche Mitarbeiterin einzustellen. Ob sie wohl auch mit einem leicht furchterregenden, Cthulhu anbetenden Emo-Mädchen zusammengearbeitet hat? […]
Eigentlich bin ich kein sonderlich geheimnisvoller Mensch, hauptsächlich aus Faulheit: Es schiene mir Verschwendung kognitiver Energien, den Überblick über all die Lügen und Halbwahrheiten zu behalten. Doch es gibt ein einziges großes Geheimnis, das ich hüte. Eine Information, die ich nie mit jemandem geteilt habe – nicht einmal mit meiner Schwester.
Nur damit ich nicht falsch verstanden werde, ich würde Reike mein Leben anvertrauen, doch zugleich kenne ich sie gut genug, um mir die Szene genau vorstellen zu können: Sie trägt ein leichtes Sommerkleid und flirtet mit einem schottischen Schafhirten, den sie in einer Trattoria an der Amalfiküste kennengelernt hat. Die beiden beschließen, eben jene halluzinogenen Pilze zu nehmen, die sie bei einem belarussischen Bauern gekauft haben, und im Drogenrausch plaudert meine Schwester aus, was ich ihr streng verboten habe, jemals jemandem zu erzählen: Ihre Zwillingsschwester Bee hat einen der bekanntesten, kontroversesten akademischen Twitter-Accounts.
Dummerweise ist der Cousin des schottischen Hirten ein verkappter Aktivist für Männerrechte, der mir ein totes Opossum schickt, mich bei seinen durchgeknallten Freunden verpetzt, worauf ich gefeuert werde. Nein, danke. Dafür liebe ich meinen Job (und Opossums) zu sehr.
Aufbau Verlage 2022, 448 Seiten
ISBN-13: 9783841231024