Nun ist er also wieder resozialisiert, der „gute Uli“ und steht nach nicht mal drei Jahren wieder an der Spitze von Bayern München. Sozusagen „gegen das Vergessen“ möchte ich an ein vor zwei Jahren erschienenes Buch erinnern, das sich mit dem „Zampano“ und „Zocker“ beschäftigt.

Juan Moreno, SPIEGEL-Reporter, hat ein Buch über einen Mann geschrieben, der (nicht nur) die Fussball-Interessierten spaltet – zumindest wenn sich diese nicht dem FC Bayern zugehörig fühlen – in solche, die in ihm den »feinsten Kerl der Liga« (Süddeutsche Zeitung) sehen und in jene, für die er als Feindbild, als Börsenzocker und Steuerbetrüger existiert.
Auch wenn für viele Leser/innen vielleicht nicht viel Neues oder gar Enthüllendes in diesem Buch über den „Besessenen“ (Moreno) zu lesen ist, so lässt es sich auf jeden Fall gut lesen und trägt viele Fakten über ihn zusammen, die für manche vielleicht auch unbefriedigend bleiben:
„Wer erwartet, dass er nach dem Lesen dieses Buches ein neues, anderes Bild von Hoeneß (in welche Richtung auch immer) haben wird, wird enttäuscht. „Alles auf rot“ frischt Vieles aus den frühen Jahren des Uli H. auf, konzentriert sich auf sein großartiges Lebenswerk als Manager, Gönner und Zampano und lässt ihn in seiner Entwicklung zum Verbrecher vielfach unberührt. Wie Hoeneß beispielsweise zum Zocker an der Börse wird, er fast pleite war, Millionen geschenkt bekommt, um in seiner Sucht weitermachen zu können… alles nur Randnotizen.“ (Ralph F. Wild auf lovelybooks.de)
Ob das letzte Kapitel über den „Fall“ von Uli Hoeneß hinter den Erwartungen zurück bleibt, muss sich jede/r Leser/in selbst fragen. Welche Erwartungen..? Dass Hoeneß sich als „Bessermacher“ sah, und es viele Bewunderer gab, die sich dieser Meinung anschlossen, erhalten diese zumindest einige Fakten vor Augen gehalten, die sie zum Nachdenken bringen sollten.
Ungefähr zu der Zeit, als Uli Hoeneß der Illustrierten Bunte erzählte, dass er jährlich 100 000 bis 150 000 Euro spende und nur darum »zum ersten Mal« öffentlich darüber rede, »weil es ja Nachahmer finden könne«, lagen auf seinen beiden Konten bei der Vontobel-Bank vermutlich über 150 Millionen Euro. Unversteuert. Wenn das stimmt, hatte sich Uli Hoeneß also umgerechnet mit rund 0,097 Prozent seines Vermögens sozial engagiert. Lässt man alle anderen nicht unerheblichen Einnahmen aus der Wurstfabrik und seiner Tätigkeit als damaliger Bayern-Manager außen vor, dann ist das so, als würde jemand, dem 4000 Euro netto im Monat zur Verfügung stehen, 32 Cent davon spenden.
Dass Hoeness mit seiner Strafe gut weg gekommen ist, sieht er natürlich ganz anders. Dabei blieben im Prozeß und danach noch viele Fragen offen.
Es wird nie geklärt werden, wie er aus zehn Millionen Euro mit unglaublich schwierigen Spekulationen auf dem Devisenmarkt binnen drei Jahren über 150 Millionen machen konnte. Seine Rendite schlug in dieser Zeit praktisch jeden Hedgefonds und jede Großbank dieser Welt. Es kamen nach der Verhandlung Gerüchte auf, dass die Devisengeschäfte auch als Tarnung für andere Finanztransaktionen gedient haben könnten. […] Ebenso wird nie jemand erfahren, warum ein Prozess, den das ganze Land verfolgt, in vier Tagen abgeschlossen wird, obwohl der genaue Umfang der Straftat aus Zeitgründen nicht ermittelt werden konnte. […]
Man wird nie erfahren, warum die Fragen, die gestellt werden hätten können – oder gestellt hätten werden müssen –, nicht gestellt worden sind. Das alles wird vermutlich nie geklärt werden. Ziemlich geklärt ist, was das Urteil bei Hoeneß auslöste: tiefste Verbitterung, Enttäuschung, Wut und Ohnmacht.
aus: Juan Moreno: Uli Hoeneß: Ein Mann sieht Rot. Piper Verlag, München 2014