Und der will „Kanzler aller Deutschen“ sein – ein vielfacher Millionär, der als Jurist und Lobbyberater für die großen Konzerne gearbeitet hat?

CORRECTIV hat zu seinen beruflichen Aktivitäten recherchiert und hätte gerne von Merz erfahren, wie er mit Interessenkonflikten umgeht, und wie er seine Nähe zu einflussreichen Lobbygruppen bewertet. Aber die Fragen von CORRECTIV lässt er unbeantwortet – trotz mehrerer Nachfragen.

Der Politikwissenschaftler und Lobbyismusexperte von der Universität Duisburg-Essen, Maximilian Schiffers, sieht einen schwierigen Rollenwechsel für Merz. „Als Unternehmensanwalt muss er den Gewinn maximieren und Einzelinteressen vertreten – als Kanzler das Gemeinwohl im Blick haben.“ Schon der Anschein, persönliche Vorlieben und Kontakte könnten ihn beeinflussen, könnte ihm politisch schaden. Immerhin arbeitete er 16 Jahre als Anwalt für Großkonzerne und saß in mindestens 15 Aufsichts- und Verwaltungsräten. „Seine Biografie bietet eine Angriffsfläche“, so Schiffers.

Teil seiner beruflichen Biografie gehört u.a., dass Merz die Berliner Kanzlei von Mayer Brown geleitet hat. Diese verteidigte 2015, zu Merz’ Zeit in der Kanzlei, Volkswagen gegen die Ansprüche der Autofahrer im Dieselskandal. Heute, so schreibt Mayer Brown auf ihrer Homepage, „ruht seine Anwaltszulassung bis auf weiteres und damit auch die Tätigkeit bei Mayer Brown.“ Schon vor seinem Antritt bei Mayer Brown hatte Merz enge Verbindungen zu BASF.

Nach dem Jurastudium und einer kurzen Zeit als Richter startete er seine Karriere als Referent beim Verband der chemischen Industrie (VCI) – in dessen Präsidium BASF stets vertreten ist. Mayer Brown vertritt als Kanzlei BASF, den umsatzstärksten Chemiekonzern der Welt. Blackrock, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Merz war, ist der größte Investor bei dem Chemieriesen. Und fast ein Jahrzehnt war Merz Verwaltungsrat bei BASF Antwerpen.

Insbesondere gilt dies für die Chemiebranche. Bei heiklen Konflikten zieht BASF die Anwälte der Firma Mayer Brown hinzu: Die Kanzlei verhandelte vor dem US-Supreme Court einen der weltgrößten Handelsstreits über Preisabsprachen bei Vitaminpräparaten. Ebenso verteidigte sie BASFs milliardenschwere Lizenzen für ein sibirisches Ölfeld. Mittlerweile ist der Ludwigshafener Chemieriese selbst in Gremien der Kanzlei vertreten.

Merz müsste also als Kanzler seinen früheren Auftraggeber BASF kontrollieren und gegebenenfalls einschränken – schließlich geht es um eine Branche mit oft umwelt- und gesundheitsschädlichen Produkten wie Pestiziden, Plastik und PVC. Zudem nutzt BASF in Deutschland mehr Wasser als alle anderen Industrien – ein politisch brisantes Thema, wenn in Dürrezeiten über Wasserlimits für die Industrie diskutiert wird. Auch hierzu antwortet Merz auf Anfrage von CORRECTIV nicht.

Wenn er sich öffentlich zur Wirtschaftspolitik äußert, klingen seine Worte in vielen Fällen wie vom Chemieverband VCI vorformuliert: Der Ruf nach einem „Belastungsmoratorium“ für Unternehmen, der Kampf gegen das „Bürokratiemonster“ und ein Abbau der „Berichtspflichten“ für die Wirtschaft – Merz und seine frühere Arbeitgeberin, die chemische Industrie, stimmen erstaunlich oft überein, sogar in der exakten Wortwahl.

Quelle: corrective.org

Quelle: corrective.org

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