In seinem in 2. Auflage erschienenen Buch geht Klaus Münzer u.a. auch auf das Bitcoin-Netzwerk, seine Grundlagen und damit verbundene Probleme und Auswirkungen ein. Basis ist eine dezentral verwaltete Datenbank (Blockchain), die alle Transaktionen verzeichnet. Sie wird als „Einstiegstechnologie für eine dezentrale digitale Welt“ angesehen, in der sich „Transaktionen und Kommunikationen unmittelbar und ohne zwischengeschaltete Institutionen realisieren“ lassen. Die Auswirkungen dieses Technikeinsatzes haben dabei u.a. auch demokratische wie ökologische Folgen:
Anstelle von Vertrauenspersonen und Institutionen (z. B. Banken, staatliche Währungskontrolle, Notenbanken) treten rechenaufwändige und praktisch fälschungssichere Algorithmen (z. B. proof-of-work Algorithmus). Eigentumsnachweise an Bitcoin können in einer persönlichen digitalen Brieftasche gespeichert werden. Der Umrechnungskurs von Bitcoin in andere Zahlungsmittel bestimmt sich durch Angebot und Nachfrage. Hierdurch können Spekulationsblasen ausgelöst werden, was derzeit noch ein Problem für die allgemeine Akzeptanz von Bitcoin darstellt. […]
Was auf den ersten Blick sehr basisdemokratisch wirkt, erweist sich bei näherer Analyse alles andere als demokratisch. Der Grundgedanke der Demokratie lautet, dass jeder unabhängig von seiner Stellung und seinem Ankommen nur eine Stimme hat: One man – one vote! Tatsächlich hängt z. B. bei Bitcoin die Macht der Einflussnahme aber von der Rechenpower ab, mit der ein Kunde sich bei der Realisierung eines neuen Blocks durchsetzt: Umso größer die zur Verfügung stehende Rechenpower, umso größer die Wahrscheinlichkeit und das Vertrauen, dass jemand die dazu notwendige kryptographische Aufgabe lösen und damit Sicherheit garantieren kann (proof-of-work). Mit wachsendem Blockchain werden diese Aufgaben immer komplexer und rechenintensiver. Rechenintensität ist aber auch energieaufwendig. Dass rechenintensive Algorithmen gewaltige Energiemengen verschlingen, wird dabei kaum bedacht. Das Rechennetz von Bitcoin verbrauchte im November 2017 so viel Kilowatt pro Stunde wie das gesamte Land Dänemark. Daher können Länder mit billiger Energie und Kühlung für heiß laufende Supercomputer die meisten Bitcoins produzieren (z. B. China). Wenn nicht gegengesteuert und nachgebessert wird, verheißen solche Infrastrukturen keineswegs die Heilsversprechungen einer direkten Demokratie, sondern steigende Energieprobleme (und damit wachsende Umweltprobleme). Bei der Digitalisierung kommt es am Ende auf die Gesamtbilanz von besserer Infrastruktur, weniger Energieverbrauch, besserer Umwelt und mehr Demokratie an.
aus: Klaus Mainzer: Künstliche Intelligenz – Wann übernehmen die Maschinen? 2., erweiterte Auflage, Berlin 2019, s. 263/264.