Liebe ist die Freude, ein liebenswertes und liebendes Wesen zu sehen, zu berühren, es mit allen Sinnen und so nahe wie möglich zu fühlen. Stendhal
In Beziehungen kann die richtige Berührung zur rechten Zeit beeindruckende Wirkungen zeitigen: Freunden erscheint der Anstieg während einer Bergwanderung weniger steil, wenn sie einander dabei an der Hand halten. Paare tun ihrem Herz etwas Gutes und senken ihren Blutdruck, wenn sie sich bei der morgendlichen oder abendlichen Begrüßung kurz umarmen.
Ob Paare zusammenbleiben und eine erfüllte Beziehung führen, hängt schließlich auch davon ab, wie innig und nah sie sich fühlen und wie intensiv sie sich voneinander – im doppelten Sinne – berühren lassen.
aus: Werner Bartens, Wie Berührung hilft. Warum Frauen Wärmflaschen lieben und Männer mehr Tee trinken sollten, Knaur TB, 2014
Mit anschaulichen Beispielen zeigt Bartens, wie und wo zu wenig oder zu viel berührt wurde: Scheinbar „wilde“ Kinder lassen sich durch Berührungen beruhigen oder eine Körpertherapeutin hilft bei der Heilung. Ein eigenes Kapitel widmet er dem Miteinander von Mann und Frau und den sich daraus ergebenden „Berührungspunkten“ wie etwa beim Sex. Und als Mediziner geht Bartens natürlich darauf ein, was genau die „Gerätemedizin“ verpasst, wenn sie nicht bei Berührungen als Diagnose beginnt. Als prominentes Beispiel beschreibt er, wie Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der [ehemalige] Mannschaftsarzt der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft, nur mit seinen Fingern in die Muskeln der Fußballspieler „taucht“, um eine Diagnose stellen zu können.
Weil „Heilung durch Berührung“ zu Unrecht immer noch unterschätzt wird, ist es in Deutschland immer noch unüblich, schreiende Kinder einfach auf den Arm zu nehmen. Zu tief sitzt anscheinend die Angst in vielen Menschen, es könne ein „Zuviel“ an Berührung und Zuwendung geben. Für Bartens ist das Unsinn und er plädiert dafür, endlich von der Idee abzukommen, kleine Kinder aus erzieherischen Gründen schreien zu lassen. Auch hier kann er mit Studien und Untersuchungen verschiedener Fachrichtungen aufwarten und seine These untermauern: zu viel Berührung geht eigentlich gar nicht. Menschen brauchen Berührung, um sich wohl zu fühlen, körperlich und seelisch wachsen und gedeihen zu können. Und auch die Sache mit der Badewanne und dem Tee scheint nach der Lektüre einleuchtend, wenn Bartens durch das Zitieren wissenschaftlicher Studien untermauert, dass eine warme Badewanne oder ein warmer Tee uns am ganzen Körper berühren – bis in die Seele!