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Beiträge zur Musik und mein Senf zu anderen Dingen

Wie Sie Ihre Hirnwichserei abstellen und stattdessen das Leben genießen

Mit einem Zitat möchte ich dieses vergnüglich zu lesende Buch des italienischen Psychologen Giulio Cesare Giacobbe vorstellen:

Wollen Sie das Leben wirklich in vollen Zügen genießen? Das ist keine dumme Frage: Es gibt nämlich irregeleitete Zeitgenossen, die sich im Unglück regelrecht suhlen und stocksauer werden, wenn man sich erdreistet, sie davon abhalten zu wollen. Wenn Sie nicht zu dieser Sorte Mensch gehören, zu den Masochisten nämlich, dann können Sie jetzt beruhigt weiterlesen: Für Sie wird dieses Buch sich noch als sehr nützlich erweisen.

Sind Sie hingegen Masochist, legen Sie es trotzdem nicht weg: Ein Buch zu lesen, das für Sie völlig wertlos ist, ist doch schon eine ganz passable Selbstquälerei. Wenn Sie sich so richtig fertig machen, indem Sie all die klugen Ratschläge nicht in die Praxis umsetzen, dann wächst das Lustempfinden geradezu ins Unermessliche. Und all diese köstlichen Qualen werden Ihnen ohne die Hilfe anderer Menschen zuteil, die ja doch immer irgendetwas dafür wollen, manchmal sogar etwas ganz und gar Unsägliches.

Mir ist es ohnehin schnurz, ob Sie weiterlesen oder nicht. Schließlich haben Sie das Buch schon gekauft. Verleihen allerdings kommt nicht in Frage! Lassen Sie auch andere Leute in ihr Unglück rennen – falls diese sich partout weigern, es zu erwerben, gibt es immer noch die Möglichkeit, dass Sie eines kaufen und es ihnen schenken – und genießen Sie den Gedanken, dass diese masochistisch genug veranlagt sind, um es zu lesen.

So wie Sie.“ […]

„Fragen Sie einen typischen Hirnwichser, ob er glücklich ist, wird er mit Nein antworten. Er wird Ihnen anvertrauen, dass er schrecklich unglücklich ist und fürchterlich leidet. Und tatsächlich ist das, worunter wir leiden, nur ganz selten körperlichen Ursprungs, ganz im Gegenteil: Leiden entsteht in den allermeisten Fällen im Kopf. Und zwar durch Onanie. Geistige Onanie natürlich.

Hirnwichserei verursacht also negative Gefühle. Mit anderen Worten: Leiden. Wenn Sie klug sind (und als Käufer dieses Buches sind Sie klug: Zufrieden?), wird Ihnen das als Antwort nicht reichen. Dann wollen Sie mehr über den Mechanismus der Hirnwichserei und des Leidens im Allgemeinen wissen.

Und wer jetzt mehr über positive und negative Hirnwichserei und warum wir hirnwichsen wissen möchte, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Die deutsche Erstausgabe ist bereits 2005 erschienen, das Buch ging aber bis jetzt an mir vorbei…

Zitate stammen aus:

Giulio Cesare Giacobbe, Wie Sie Ihre Hirnwichserei abstellen und stattdessen das Leben genießen. Wilhelm Goldmann Verlag, München 2005

Vergesst unsere Namen nicht!

Simon Stranger wurde 1976 geboren und lebt mit seiner Familie in Oslo. Sein Roman „Vergesst unsere Namen nicht“ war in Norwegen ein großer Erfolg und wurde in vierzehn Länder verkauft.

Simon Stranger erzählt darin die Geschichte der jüdischen Familie seiner Frau im von Nazi-Deutschland besetzten Norwegen. Jedes Buchkapitel beginnt mit einem Buchstaben und den passenden Worten, die sich daraus ergeben – von A wie Anklage bis Z wie Zugvögel.

Im Kapitel F ist der folgende Satz zu lesen:

F wie früher, die Vergangenheit, die es immer noch gibt, und wie der Faschismus, der sich hineinfrisst, wie ein Furunkel in die Kultur.

Ein Furunkel, das nicht aufhört, sich in unsere Gesellschaft hineinzufressen. In einer Zeit, die von politischen und ökonomischen Krisen geprägt ist, versuchen Rechtspopulisten mit vereinfachten Antworten, die aber der Komplexität der Probleme in keinster Weise gerecht werden, eine Lösung vorzugaukeln.

Doch jene Partei, die sich Alternative nennt, ist dies nicht. Ganz und gar nicht. Sondern in Wahrheit der Feind unseres Landes; eine Partei, die Deutschland in die Isolation und Abschottung führen und es damit all seiner Zukunft berauben würde. Eine Partei, die für rassistisches, völkisches, ausgrenzendes, kurz: faschistoides Gedankengut steht, das auf den Müllhaufen der Geschichte gehört und schon längst dort liegen sollte. [Quelle]

Simon Stranger: „Vergesst unsere Namen nicht“, erschienen im Eichborn Verlag, in der Übersetzung aus dem Norwegischen von Thorsten Alms
350 Seiten
ISBN 978-3-8479-0072-6

Eine Besprechung des Buches findet Ihr bei „Zeichen und Zeiten

Organ der Niedertracht

Traurig, wenn sich das Weltbild vieler Menschen hierzulande aus WELT und BILD zusammensetzt. Leider haben die rechtskonservativen Schreiberlinge immer noch viel zu viel Leser*innen, trotz Rückgangs der Verkaufszahlen und Aufrufen bei bild.de. Meine Verachtung für diese „Zeitung“ ist seit Jahrzehnten konstant geblieben. Und dass nicht erst seit Günter Wallraff’s Enthüllungen. Das Blatt ist ein Synonym für Zynismus, Hetze, Menschenverachtung und billigstem Populismus.

Leider meinen immer noch zu viele Politiker*innen sie dürften ihre Kommentare diesem Hetzblatt nicht vorenthalten, da an “BILD” niemand vorbeikäme. Der Schriftsteller, Kolumnist und Musiker Max Goldt hat das mal trefflich auf den Punkt gebracht:

“Die Bild-Zeitung ist ein Organ der Niedertracht. Es ist falsch, sie zu lesen. Jemand, der zu dieser Zeitung beiträgt, ist gesellschaftlich absolut inakzeptabel. Es wäre verfehlt, zu einem ihrer Redakteure freundlich oder auch nur höflich zu sein. Man muss so unfreundlich zu ihnen sein, wie es das Gesetz gerade noch zuläßt. Es sind schlechte Menschen, die Falsches tun” (Max Goldt)

In einem Beitrag im BILDblog führte er weiter aus:

Menschen, deren Konservativismus mehr umfaßt als eine affig-modische Anti-68-Haltung, hätten durchaus nicht weniger Anlaß als Linke, die “Bild”-Zeitung, ihre jahrzehntelange Tradition im Versimpeln, Verbiegen und Verleumden, den Sexualklatsch und die pornografisch gestalteten Zuhälteranzeigen abzulehnen. Solange deutsche Konservative es versäumen, ihre Distanz zu diesem unseligen Milieu öffentlich schärfstens deutlich machen, können sie mir mal im Mondschein begegnen.

Ich widerspreche: denen möchte ich trotzdem nicht mal im Mondschein begegnen.

Kleines Musik-Quiz

Hier ein kleines Musik-Quiz. Es besteht aus 5 Fragen. Viel Glück!

Ian Anderson über den Song „Bourée“

„Bourée“ wurde am 30. September 1969 als Single aus dem Album „Stand Up“ veröffentlicht und konnte sich in den britischen Charts nicht durchsetzen, aber auf dem europäischen Festland lief es besser. Er erreichte Platz 5 in den Niederlanden, Platz 20 in Belgien und Platz 37 in Deutschland.

Dieses Instrumental für Flöte ist eine Bearbeitung des Stücks „Bourrée“ von Johann Sebastian Bach. Die Bach-Version wurde für Laute geschrieben. Bach schrieb das Stück, das auch als „Aufs Lautenwercke“ bekannt ist, in den frühen 1700er Jahren. Bachs Lautenwerke werden zum Kunstvollsten gezählt, was jemals für Laute komponiert wurde und gelten als richtungsweisend.

Ian Anderson 2006 [Quelle]

In einem Songfacts-Interview erklärte Ian Anderson, warum er sich für eine Adaption der Bach-Komposition entschied: „Anfang 1968 war ich an einem Punkt angelangt, an dem ich jeden Abend auf der Bühne Flöte spielte, und so suchte ich gegen Ende des Jahres nach einem Instrumentalstück als Nachfolger für das Roland-Kirk-Stück ‚Serenade to a Cuckoo‘, das ich fast das ganze Jahr 1968 gespielt hatte. Ich wollte etwas, das ein synkopisches, jazziges Gefühl hatte, aber eine Melodie, die nicht mit der Welt des Jazz oder des Blues in Verbindung gebracht wurde.“

Und ‚Bourée‘ war ein kleines Stück Musik, das ich durch die Dielen meines Wohnzimmers in London hörte, denn im Zimmer darunter wohnte ein Medienstudent, der immer wieder diesen Refrain der Bachschen Melodie „Bourée“ spielte. Er spielte es auf der klassischen Gitarre, aber er bekam immer nur das eine Stück hin, er kam nie über diese einfache Sache hinaus. Also hörte ich das immer und immer wieder und beschloss, dass ich diese kleine Melodie irgendwie als Ausgangspunkt für ein Instrumentalstück verwenden wollte.

Und Martin Barre [der damals zukünftige Gitarrist von Jethro Tull], der zu diesem Zeitpunkt, im Januar ’69, buchstäblich gerade dabei war, für die Band vorzuspielen, sagte: „Oh, das kenne ich. Ich glaube, ich habe irgendwo die Noten für Bachs ‚Bourée‘. Es war also etwas, das wir ohne weiteres als Variation eines klassischen Musikstücks in Angriff nehmen konnten.“

Auf die Frage von The Sun in einem Interview im Januar 2022, welches sein Lieblingsalbum von Jethro Tull sei, antwortete Anderson: „Stand Up. Eine mutige Abkehr von den bluesigen Anfängen von Tull und der Beginn der progressiven Rock- und eklektischeren Periode, die weitere 53 Jahre gedauert hat.“

Steve Hackett: Live Magic at Trading Boundaries

Steve Hackett spielt seit Jahren alljährlich im Winter Akustikkonzerte bei Trading Boundaries in Sussex, Großbritannien. Bei diesen intimen Konzerten kann der ehemalige Genesis-Gitarrist einzigartige, neu interpretierte Highlights aus seiner über 50-jährigen Karriere zum Besten geben und dabei auch seine klassische Seite zeigen. „Es ist immer eine Freude für mich, bei Trading Boundaries zu spielen, einem magischen, intimen Ort voller schöner Lichter und exotischer Bilder, der die dunkelste Zeit des Jahres über Weihnachten und Neujahr erhellt“, sagt er. „Es ist der perfekte Ort für mein akustisches Set.“

Das neue Album, das am 17. Januar erschien, ist eine Zusammenstellung von Höhepunkten aus seinen akustischen Wintershows. Aber das Album ist so gut durchdacht und aufgebaut, dass es wie ein einziges Konzert wirkt. Wie (fast) immer gelingt es Hackett, einige der besten Kompositionen aus seiner Zeit bei Genesis und seit seinem Ausstieg aus der Band im Jahr 1977 auszuwählen. Hackett (g, harm) spielt hier mit Roger King (key), Rob Townsend (fl, sax), seinem Bruder John Hackett (fl) und Schwägerin Amanda Lehmann (g, voc) zusammen.

Das Album beginnt mit fünf akustischen Solostücken auf der Klassikgitarre, die zusammen wie ein fünfstimmiges Minikonzert wirken. Das erste Stück ist eine einleitende Improvisation, bei der Hacketts Fingertechnik zur Geltung kommt. Als nächstes folgt die akustische Einleitung zu „Blood on the Rooftops“ aus dem Genesis-Klassiker „A Trick of the Tail“ von 1976, gefolgt von einem neu geschriebenen Outro. Danach folgen mit „The Barren Land“ und „Blacklight“ zwei Titel aus seinem 1983 erschienenen klassischen Gitarrenalbum „Bay of Kings“ sowie „Horizons“, der bekannten Bach-ähnlichen Etüde aus dem 1972er Genesis-Album „Foxtrot“.

Nach dieser schönen fünfteiligen Ouvertüre spielt die Band zusammen mit Hackett das überschäumende „Jacuzzi“ aus seinem Album „Defector“ von 1980. Es folgt eine Mini-Genesis-Suite. Sie beginnt mit dem Flöten-Gitarren-Zwischenspiel von „Supper’s Ready“und leitet über in „After the Ordeal“, das einzige Instrumentalstück von „Selling England by the Pound“ aus dem Jahr 1973, und das Gitarren-Klavier-Duett aus „Hairless Heart“ von „The Lamb Lies Down on Broadway“ aus dem Jahr 1974, das einen weiteren neu improvisierten Abschnitt enthält, der das Stück in eine neue Richtung führt.

Hackett leitet die Band anschließend durch das in Teilen an Focus erinnernde „Jazz on a Summer’s Night“ von „The Night Siren“ aus dem Jahr 2017, bevor er sich mit seinem Bruder John bei „Gnossiene No. 1“ „duelliert“, einem Flöten-Gitarren-Duett, das dem Album „Sketches of Satie“ der Hackett-Brüder aus dem Jahr 2000 entnommen ist, eine Hommage an den französischen Minimalisten Erik Satie. „Walking Away From Rainbows“ von „Guitar Noir“ aus dem Jahr 1993 folgt, bevor Hackett und seine Band einen beeindruckenden Auszug aus Francis Poulencs Orgelkonzert von 1938 und „The Red Flower of Tachai Blooms Everywhere“, das asiatisch angehauchte Stimmungsstück aus „Spectral Mornings“, spielen.

Steve Hackett und Amanda Lehmann

Was dann folgt, ist für mich der Höhepunkt des Albums, „Hands of the Priestess“ von Hacketts erstem Soloalbum „Voyage of the Acolyte“ aus dem Jahr 1975, als er noch Mitglied bei Genesis war. Es folgen zwei Tracks von Lehmanns Soloalbum „Innocence and Illusion“ aus dem Jahr 2021, „Memory Lane“ ist ein Lied über die Demenz ihrer Mutter und „Only Happy When It Rains“ ist ein Song im Kabarett-Stil, bei dem Lehmann einen schwülen Late-Night-Jazz-Gesang zum Besten gibt und Hackett ein funkiges Swamp-Blues-Mundharmonika-Intro spielt.

Ein weiterer Höhepunkt des Albums folgt: „Ace of Wands“ von „Voyage Of The Acolyte“, das als kammermusikalisches Orchesterstück großartig überarbeitet wurde. Das Album schließt dann mit „The Journey“, der atmosphärischen Klassik-Gitarren-Etüde aus „Bay of Kings“, die an die fünfteilige Akustikgitarren-Serie erinnert, mit der das Album eröffnet wurde.

Fazit:
Mehrere der 19 Stücke auf „Live Magic“ klingen eher wie kurze Schnipsel oder Zwischenspiele als wie vollendete Werke. Die meisten Titel enthalten jedoch neu geschriebene Abschnitte, die sie in dieser teils kammermusikalischen Form aufwerten. Alles in allem ein Album, das eher nicht für Hackett-Einsteiger geeignet ist. Seine Fans werden mit diesem Album, das viele neue und interessante Bearbeitungen alter Kompositionen beinhaltet, aber auf eine spannende, akustische Entdeckungstour gehen, die einige Überraschungen bietet.

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